Nach dem Aufwachen schaue ich erstmal aus dem Fenster um festzustellen, dass es leider immer noch regnet. Verdammt. Regen habe ich Zuhause schon genug. Egal. Über das schlechte Wetter kann ich immer noch weinen, wenn wir wieder Zuhause sind. Dummerweise ist unser Frühstücksbuffet draußen. Üblicherweise werden die Tische und Stühle wohl großzügig im Innenhof verteilt. Um aber einigermaßen trocken frühstücken zu können, wurde alles Mobiliar eng unter einem Vordach zusammengeschoben. Es ist kalt und feucht, aber es geht auch so. Wir sind die ersten heute morgen. Gestern abend hatten wir noch kurz mit der Rezeption gesprochen, dass wir heute nach Persepolis und Naghsh-e Rustam wollen. So wird uns um 8.30 Uhr ein Fahrer abholen mit dem wir heute morgen beide Orte besuchen wollen.
Als wir unser Frühstück beendet haben, hat es aufgehört zu regnen. Ich will noch schnell in der Rezeption Bescheid geben, dass wir uns ein paar Minuten verspäten. Unser Fahrer hat ein Problem mit dem Auto und wir können uns Zeit lassen. Mit etwas Verspätung starten wir dann in Majids Peugot wobei er erst noch bei einer Werkstatt halten will. Er traut seinem selbst gewechselten Reifen nicht und möchte es von einem Fachmann kurz überprüfen lassen. Soll mir recht sein, denn es ist immerhin eine Stunde Fahrt bis nach Persepolis.
Die Werkstatt ist, wenn man unsere deutschen Verhältnisse als Standard setzt, sehr, sehr, sehr spartanisch eingerichtet. Viel mehr als einen Wagenheber und ein paar Werkzeuge kann ich nicht sehen. Da Angeles und ich beide lachen müssen, mache ich zumindest noch schnell ein Foto mit dem Handy durch die mit Regentropfen bedeckte Scheibe, bevor uns der Mechaniker schon mit dem Wagenheber nach oben befördert. Er schaut sich den Reifen fachmännisch an, nickt zufrieden und zieht am Boden alle Schrauben noch einmal nach. Ein Pumpgerät, um den Druck zu überprüfen hat er aber nicht.
So halten wir noch schnell bei einer zweiten Werkstatt mit ähnlicher Ausstattung, aber einem Pumpgerät und verlassen dann mit hoffentlich korrektem Reifendruck auch schon Shiraz. Majid spricht eigentlich sehr gut Englisch, ist aber auch nicht gerade extrovertiert. So hören wir die meiste Zeit seiner iranischen Musik, die von einem USB-Stick kommt, zu. Wir finden aber raus, dass er aus Shiraz kommt. Einige Zeit hat er aber auch wegen seines Studiums in Esfahan und Yazd gelebt. Esfahan gefällt ihm überhaupt nicht, Yazd gefällt ihm da schon viel besser. Der beste Ort zum Leben ist und bleibt aber Yazd für ihn.
In einem Kreisverkehr stoppt unser Fahrer. Wir sind da. Wir verabreden uns für 11.30 Uhr. Dann würde er wieder hier sein, um uns abzuholen. Alleine gehen wir zum Eingang. Ich hätte irgendwie mehr Menschen erwartet. Bisher ist kaum jemand zu sehen. Ich habe gelesen, dass man keine Taschen und Rucksäcke mit in das UNESCO-Weltkulturerbe nehmen darf. Das wäre ein wenig doof, da ich meine zweite Kamera und Objektive ungerne in einem Schließfach lassen würde. Wieder einmal erweist sich alles als halb so schlimm. Man soll sich einfach keine Sorgen über Dinge machen, die noch nicht passiert sind. Wir werden nämlich überhaupt nicht auf unsere deutlich sichtbaren Taschen angesprochen. Also bezahlen wir unseren Eintritt von etwa 7,50 Euro (300.000 IRR) und ziehen weiter über eine breite Straße Richtung Eingang. Vor uns liegt auf einer großen Terrasse Persepolis. Breite Stufen führen auf die von riesigen Felsblöcken gestützte Plattform. Es ist zwar bewölkt und recht frisch, aber zumindest scheint es das erst mal mit dem Regen gewesen zu sein.
Persepolis wurde 520 v. Chr. gegründet und war eine der Hauptstädte des antiken Reichs der Perser unter den Achämeniden. Alexander der Große brannte sie nur 200 Jahre nach ihrer Gründung nieder. Wer an mehr geschichtlichen Details und Informationen interessiert ist, kann eine Vielzahl an Material im Internet finden. Ich werde mich hier nur kurz auf meine persönlichen Impressionen beschränken. Es ist extrem beeindruckend zwischen den Resten dieser großen Zivilisation herumzulaufen. In unserem Lonely Planet Reiseführer lesen wir zwischendurch immer mal nach was wir so sehen. Ich versuche mir vorzustellen wie es hier vor 2.500 Jahren ausgesehen haben muss. Wie cool es sein müsste eine Nacht alleine zwischen den Überresten zu verbringen und seiner Fantasie freien Lauf zu lassen. Das stelle ich mir unglaublich spannend vor.
Am meisten Zeit verbringen wir bei den Reliefs der Treppe zum Palast, die sich in einem fantastischen Zustand befinden. Jeder Volksstamm, der zur Audienz bei König Darius erschien, wurde hier verewigt. Die Reiseführer erkennen sie zum einen an ihrer Kleidung und zum anderen an den Geschenken, die sie mitbrachten.
Im Hang am Berg befinden sich noch die beiden Gräber von Artaxerxes II und Artaxerxes III. Im Vorfeld hatten wir gelesen, dass der Anstieg zu beiden recht steil sein soll. Diese Warnung kann man aber getrost ignorieren, da es nur ein paar Minuten leicht bergauf geht. Die Gräber können bei weitem nicht mit den vieren mithalten, die später noch folgen sollen, aber allein die Aussicht über die Anlage ist den Fußmarsch wert.
Über WhatsApp gebe ich im Hotel Bescheid, dass sie unserem Fahrer sagen, dass wir noch anderthalb Stunden länger bleiben möchten. Nach ein paar Minuten bekomme ich schon eine positive Rückmeldung. Alles kein Problem. So können wir noch in aller Ruhe den Rest des Geländes erkunden und fotografieren was das Zeug hält, bevor wir pünktlich zurück zum Parkplatz marschieren, wo Majid schon auf uns wartet.
Vor den Gräbern von Naghsh-e Rostam, machen wir noch einen kurzen Zwischenstopp an der Grabesstätte Naghsh-e Rajab, die keine 10 Minuten mit dem Auto entfernt liegt. Ausser dem Kassierer und uns ist sonst niemand hier. Nur zwei Gehminuten vom Parkplatz entfernt kommen wir zu vier Relief aus sassanidischer Zeit. Hier wurden die beiden Könige Ardaschir und Schapur sowie der Priester Kartir abgebildet. Unser Fahrer ist diesmal auch mitgekommen, um ein Selfie von unser kleinen Reisegesellschaft für seinen Instagram Account zu machen. Danach geht es auch schon zurück zum Auto.
Keine zehn Minuten Fahrt später stehen wir schon auf dem Parkplatz unser für heute letzten Station – Naghsh-e Rostam. Auch hier begleitet uns Majid, da er zum einen noch ein weiteres Selfie machen will und zum anderen die Gräber noch nie mit Regenwolken gesehen hat. So bleibt uns ja eigentlich auch nichts anderes übrig als uns über das schlechte Wetter zu freuen. Schon der erste Blick auf die vier Gräber im Fels lassen uns vor Ehrfurcht erstarren und das Fotografieren für einen Moment vergessen. Es ist unglaublich was die Perser schon vor über 3.000 Jahren im Stande waren mit reiner Muskelkraft zu konstruieren. In den Gräbern ruhen neben dem König Dareios auch seine Nachfolger Xerxes I., Artaxerxes I. und Dareios II. Alle vier waren Grosskönige der altpersischen Dynastie der Achämeniden. Interessanterweise dachten die Einheimischen lange, dass hier auch der persische Held Rostam begraben liegt, weshalb die Grabstätte auch seinen Namen trägt.
Unter den eigentlichen Gräbern gibt es noch einige Felsenreliefs, die später von den Sassanidenkönigen hinzugefügt. Zum einen wohl aus Respekt gegenüber den Achämeniden und zum anderen, um ihre eigene Herrschaft zu legitimieren. Vor den Reliefs stehen große Schilder, die auf Farsi und Englisch die verschiedenen Szenen erklären. Wir verbringen hier etwa eine Stunde bevor es mit dem Auto zurück nach Shiraz geht. Unser bietet uns an, uns zu einem Restaurantkomplex in der Stadt zu fahren, der bei lokalen und auswärtigen Hungrigen, gleichermaßen beliebt ist. Dankend lehnen wir ab, da wir alleine aufbrechen wollen und fahren so erstmal zurück zum Hotel.
Am Ende landen wir aus Bequemlichkeit wieder im gleichen Restaurant wie am Vortag. Manchmal sollte man eine gute Erfahrung eine gute Erfahrung sein lassen und das Schicksal nicht herausfordern. Die Stimmung ist zwar wieder top, aber diesmal lässt der Service extrem zu wünschen übrig. Und wenn selbst ich mich darüber beschwere, dann ist das echt kein gutes Zeichen. Die letzte Stunde mit Tageslicht ziehen wir mit unseren Kameras noch durch die Strassen und beobachten den iranischen Alltag.