Der Regen war keine Ausrede. Es war wirklich der Grund für die Verspätung. Seit 8 Monaten gab es keinen Regen mehr in der Region und auf der Straße hat sich wegen des Staubs eine spiegelglatter Film auf der Oberfläche gebildet. Ich bin aber so müde, dass ich schon kurz nach der Abfahrt wegdöse. Als ich aufwache fahren wir nur mit Schrittgeschwindigkeit auf der Autobahn. Angeles erzählt mir, dass sie schon einige Unfälle gesehen hat. Vor unserem Bus läuft und glitscht einer unserer 3 Busfahrer, um die Oberfläche zu testen. Das erinnert mich stark an die Situation wenn es bei uns Glatteis oder Blitzeis gibt. Die ganze Fahrt über begleitet uns der Regen auch wenn wir zwischendurch mal etwas flotter fahren, geht es doch nicht wirklich schnell voran. Statt der geplanten 6 Stunden sind wir dann auch eher etwa 11 Stunden unterwegs. Dafür kommen wir aber sicher an.


Bei strömenden Regen beschließen wir am Busbahnhof direkt unser nächstes Busticket nach Yazd zu kaufen. Ein junger Mann spricht uns an. Er fragt wo wir hinwollen und ob wir ein Taxi brauchen. Ich sage, nein wir brauchen nichts wir wollen ein Ticket kaufen. Großer Fehler. Ich hätte nicht antworten sollen. Mit schlechtem Englisch läuft er neben uns her und redet auf uns ein. Wir setzen uns erst einmal in eine Wartehalle und sortieren uns. Der Mann bleibt neben uns stehen, wartet und fragt was wir jetzt vorhaben. Wir stehen auf und gehen zum Schalter, der gleichen Busgesellschaft, mit der wir aus Esfahan gekommen sind. Die Angestellte spricht ein wenig Englisch. Der Mann neben uns lehnt sich direkt neben mir an den Schalter und beginnt ebenfalls mit der Dame zu sprechen. Ich bitte ihn uns ein wenig Privatsphäre zu geben. Er bleibt da und deutet an nichts zu verstehen. Die Angestellte fragt mich, ob es ein Problem gibt. Auch sie bitte ich ihm mitzuteilen, dass er uns ein wenig zu aufdringlich ist. Aber sie versteht mich ebenfalls nicht. Mir ist schon in Esfahan mit unseren Freunden passiert, dass sie mich aufgrund meiner zu komplizierten Ausdrucksweise nicht verstanden haben. Ich schiebe ihn ein wenig an die Seite und sage ihm, dass wir kein Taxi brauchen. Na endlich, er geht zwei Schritte zur Seite, verharrt dort. Immerhin kaufen wir unser Busticket. Wir haben uns wieder für eine Nachtfahrt entschieden. Da die Strecke nicht so lang ist, kommen wir allerdings schon um 4:30 Uhr morgens in Yazd an. Egal. Da werden wir schon irgendwie was finden.

Der Mann kommt wieder zu uns und fragt was wir jetzt machen. Etwas strenger und lauter als es meine Art ist, sage ich ihm noch einmal, dass wir kein Taxi brauchen. Endlich scheint er es verstanden zu haben und verschwindet. Mir tut meine schroffe Art schon fast etwas leid, aber nach dem wenigen Schlaf, sind wir beide ein wenig angespannt. Unsere Freunde hatten uns geraten mit den offiziellen gelben Taxen zu fahren, da sie einfach bessere, neuere und sichere Autos und erfahrenere Fahrer haben.

Wir setzen uns erst noch einmal ein paar Minuten in die Wartehalle, um sicherzustellen, dass unser Taxifahrer uns nicht wieder erwischt. Als wir ihn ein paar Minuten nicht mehr gesehen haben, machen wir uns auf nach draußen in den Regen. Wir werden noch ein paar Mal angesprochen, aber diesmal bleibe ich sturr und reagiere überhaupt nicht. Bingo. Das funktioniert. Kein Nachfragen, kein nerviges Hinterherlaufen. Nach einigem Suchen entdecken wir die gelben Autos. Wir stellen uns neben den gelben Taxen unter und warten auf einen Fahrer. Ein Mann sieht uns, wir zeigen ihm die Adresse, er nickt und schickt uns zu einem Kassenhäuschen. Während wir bezahlen hören wir hinter uns plötzlich lautes Geschrei. Menschen schreien einen Bus an. Sie klopfen an die Fenster und Türen. Der Bus hält und die Menschen schreien den Fahrer an. Er setzt ein wenig zurück. Es bildet sich eine große Menschentraube und wir sehen in die entsetzten Gesichter. Unser Fahrer verschwindet und deutet uns an zu warten. Ich bin froh, dass ich nichts sehen kann. Wir zahlen unser Ticket und unser Fahrer kommt zurück. Ein paar Minuten später fahren wir mit ihm durch den Regen. Mit wenigen englischen Vokabeln bietet er uns ein Hotel und sich selbst als Fahrer nach Persepolis an. Wir haben unser Hotel bereits per E-Mail reserviert und ich möchte mir jetzt kein anderes anschauen. Er akzeptiert es direkt ohne uns weiter überreden zu wollen. Wir nehmen seine Karte und ich sage ihm, dass ich, wenn ich ein Taxi brauche an ihn denken werde.

Im Hotel angekommen, bekommen wir sogar direkt ein Zimmer, obwohl wir deutlich vor der üblichen Zeit zum Einchecken da sind. Auch das Forough Botique Hotel haben wir übrigens im Lonely Planet gefunden. Wieder sind die Zimmer um einen Innenhof angelegt. Unser Zimmer ist recht klein und ich habe das Gefühl, dass sie uns eigentlich ein anderes Zimmer geben wollten, welches um diese Uhrzeit noch nicht frei war. Wir ruhen uns zunächst ein wenig aus, bevor wir uns duschen und umziehen. In der Rezeption fragen wir nach einer Empfehlung um etwas zu Essen. Sie schlagen uns das traditionelle Restaurant Kateh Mas vor. Es ist nur 10 Minuten vom Hotel.

Vor dem Eingang des Restaurant steht ein älterer Herr in einer traditionellen Tracht mit einem alten Gewehr in der Hand und begrüßt uns. Hinter ihm führt eine Treppe in das Kellergewölbe. Wir gehen hinunter und werden unten gleich von einer Bedienung an einen Tisch geführt. Das Restaurant ist fast komplett von Einheimischen gefüllt. Das hätte ich irgendwie um 13:30 Uhr unter der Woche nicht erwartet. In einer Ecke spielt eine Band traditionelle Musik und die Leute klatschen und singen laut mit. Das würde man bei uns vermutlich nur in einem Biergarten nach einigen großen Bieren sehen. Hier aber sind alle komplett nüchtern. Neben der Stimmung hat uns das Essen auch super geschmeckt. Vor allem der angebratene Reis mit der Kruste ist immer wieder super.


Als wir aus dem Restaurant kommen regnet es leider immer noch. Man merkt den Einheimischen an, dass sie den Regen mögen. Schon als wir in Nürnberg Besuch von iranischen Kollegen hatten, waren sie froh über den deutschen Regen. Uns wäre trockenes Wetter ehrlich gesagt lieber gewesen, da wir natürlich auch von unser Kleidung her nicht darauf vorbereitet waren. Wir ziehen einfach mal los. Wieder einmal bewahrheitet sich, dass man die Hauptattraktionen meist auch ohne Planung besucht. So stehen wir schon nach kurzer Zeit vor dem Shah-e-Cheragh, der Begräbnisstätte von Amir Ahmad und  Mir Muhammad, die beide Brüder von Imam Reza waren. Bevor wir die heilige Stätte betreten dürfen, müssen wir unsere Kameras abgeben und Angeles bekommt natürlich noch wieder einen Tschador, den sie innen tragen muss. Fotos mit Handys sind erlaubt. Kurz nach dem Eingang müssen auf eine Dame des Büros der „internationalen Beziehungen“ warten. Sie führt uns zusammen mit 3 chinesischen Touristen über das Gelände und erklärt uns einiges auf Englisch. Da der Regen allerdings weiterhin recht stark ist, bringt sie uns in ihr Büro, wo wir uns aufwärmen können und Tee und Kekse bekommen. Als Nichtmuslime ist es uns untersagt die Grabstätten selbst zu sehen und so können wir uns nur außen umsehen. Als wir wieder nach draußen gehen und uns von unser Gästeführerin verabschieden, bittet sie mich darum ein Auge auf die Chinesen zu haben, da sie ein wenig besorgt ist, dass sie einfach in die Grabstätte marschieren und so Ärger mit der Polizei bekommen. Nach kurzer Zeit aber verliere ich sie schon aus den Augen.


Wir sind recht nass und haben auch keine Lust draußen weiter zu laufen und beschließen ein wenig im Basar umzuschauen. Hier ist es zumindest trocken, aber auch sehr geschäftig. Ich will mich nicht wiederholen, aber ich finde die Basare weiterhin sehr interessant. Mir macht es allein schon immer Spaß die Menschen zu beobachten. Wir würden gerne irgendwo einen Tee trinken, um uns wieder aufzuwärmen. Das Teehaus im Basar, welches wir finden, hat leider geschlossen. So versuche ich mein Glück in Google Maps und TripAdvisor. In etwa 1.5km befindet sich das Cafe Arg. Probieren wir unser Glück. Wieder geht es raus in den Regen. Die Kameras sind so gut wie möglich verstaut. Meine Olympusleihkamera möchte ich auf keinen Fall beschädigen. Olympus hat mir freundlicherweise kostenlos eine Kamera für die Reise zur Verfügung gestellt.

Auf dem Weg zum Cafe kommen wir noch an einigen Highlights von Shiraz, wie der Zitadelle des Karim Khan vorbei. Aber die Dämmerung und der Regen tun ihr übriges, dass die Kameras weiter verstaut bleiben. Das Cafe Arg ist bis auf uns leer und wirkt wie ein westliches trendy Vintage Cafe. Alte Möbel und kuriose Dekoration. Aber auch hier ist es nicht wirklich warm. Statt eines warmen Cappuccinos wie Angeles probiere ich einen Milchshake. Wir trinken unsere Getränke relativ zügig und machen uns auf zum Hotel.

Nachdem wir uns umgezogen haben, gehen wir noch in das kleine Cafe/Teehaus, das zum Hotel gehört. Es gibt hier nur zwei Tische. Beim Tee mit Dattelkeksen lernen wir noch einen Deutschen kennen, der sich mit Photovoltaikanlagen beschäftigt und beruflich hier ist. Er war vorher auch in Esfahan. Wie es der Zufall will, erkenne ich sein Gesicht. Er ist der Mann, der gestern Abend am Busbahnhof hektisch zu seinem Bus geeilt ist. Wie klein die Welt doch ist. So trinken wir mit Fritz einen Tee und unterhalten uns über seine Arbeit und den Iran. Er empfiehlt uns noch ein paar Orte in Yazd, wo er ein paar Tage vor seinem Aufenthalt in Esfahan verbracht hat, bevor wir uns zurückziehen. Im Bus haben wir letzte Nacht doch nicht so viel geschlafen. Wir lassen es für heute gut sein und beenden den Tag.