Heute morgen ging es wirklich nicht. So sehr ich auch früh aufstehen wollte, um noch einmal bei schönem Tageslicht die Brücken zu fotografieren, geht es einfach nicht. Ich bin heute einfach zu fertig. So schlafen wir einfach aus und gehen in aller Ruhe zum Frühstück. Ist ja auch mal schön. Außerdem müssen wir auch noch unsere Sachen zusammenpacken und auschecken, denn heute geht unsere Reise weiter Richtung Süden.
Pünktlich wie immer treffen wir unten in der Lobby unseren Freund. Natürlich hat er auch schon ein Programm im Kopf. Der Vater von seinem „spanischen Freund“ arbeitet in einer Moschee, die er uns gerne zeigen würde. Natürlich gerne. Wir denken, dass es interessant sein könnte seinen Vater kennenzulernen, der erzählt sicherlich ein paar spannende Geschichten. Das Gepäck stellen wir erst einmal in einem separaten Raum hinter der Rezeption ab.
Mal wieder gibt es Probleme beim Parken, da unterscheidet sich Esfahan von keiner anderen Großstadt der Welt und so lässt er uns vor der Moschee aussteigen, während er weiter nach einem Platz für sein Auto sucht. Laut eines Schilds handelt es sich dabei um die Shaia Moschee aus der Zeit der Safawiden. Im Inneren befindet sich der Schrein von Ismael. Schreine sind hier die Gräber vom im Islam wichtigen Personen. Es gibt hier auch verschiedene Stufen der Bedeutung. Handelt es sich um das Grab eines Iman oder doch (nur) um das Grab eines Nachkommens bzw. Verwandten eines Iman. Der Vater ist leider nicht da und so schauen wir uns alleine um. Frauen und Männer werden hier interessanterweise einmal nicht getrennt. Vor der Moschee begrüßt bzw. verabschiedet uns noch ein Mullah. Er trägt einen schwarzen „Turban“, der anzeigt, dass er ein offiziell anerkannter direkter Nachfahre des Propheten ist. Andere Mullahs tragen einen weißen. Diesmal bitte ich ihn um ein Foto. Er ist ein wenig skeptisch, lässt mich dann aber doch meine Fotos machen.
Im Auto geht es weiter Richtung Jolfa (oder auf Deutsch auch Dschulfa), dem armenischen Viertel. Es gibt hier noch 25.000 Armenier, die hier seit über 400 Jahren leben, als sie vor den Osmanen flohen. Die Iraner waren anderen Religionen gegenüber immer sehr tolerant und so gibt es auch noch 16 christliche Kirchen in diesem Ortsteil. Sie müssen zwar der iranischen Kleiderordnung folgen, aber ansonsten wird ihre Kultur durch das iranische Gesetz beschützt. Höhepunkt für uns ist der Besuch der Vank-Kathedrale, die ebenfalls Anfang des 17. Jahrhunderts von den Armeniern erbaut wurde. Bevor wir das Kirchengelände betreten, trinken wir gegenüber im Cafe Daloon noch einen Kaffee. Zu teuer und nicht sehr lecker. Karten ohne Preise lassen bei mir eh schon immer die Alarmglocken klingeln. Besser woanders hingehen.
Der Hauptraum der Kathedrale ist ähnlich wie der einer Moschee von einer Kuppel überdacht. Das Innere besteht fast komplett aus Wandmalereien, die die Schöpfungsgeschichte und Vertreibung aus dem Paradies zeigen. Zu jedem Bild gibt es eine kleine Erklärung. Auch hier verbringen wir wieder viel Zeit, um uns die Details genau anzuschauen. Je mehr man schaut, desto mehr entdeckt man. Darauf verbringen wir noch etwas Zeit im angeschlossenen Museum im Gebäude nebenan. Man merkt gleich, dass die Armenier stolz auf ihre Herkunft sind und ihre Kultur und Traditionen sehr pflegen. Schön finden wir die verschiedenen Bibeln die ausgestellt sind. Es gibt nicht nur sehr aufwendig illustrierte Ausgaben, sondern auch das kleinste Gebetsbuch der Welt, welches kleiner als ein Fingernagel ist. Auch hier lohnt sich ein kurzer Besuch auf jeden Fall.
Zu Fuss geht es weiter zum Musik Museum, dass gleich um die Ecke liegt. Wir sind beide keine Riesenfans von Museen, aber er hat es uns vorher einen Besuch sehr ans Herz gelegt. Seit Dezember 2015 hat dieses private Museum geöffnet und zeigt traditionelle Instrumente aus den verschiedenen Regionen des Irans. Aber auch einige internationale Instrumente, die dem Museum geschenkt wurden, werden hier ausgestellt. Man sollte auf jeden Fall Zeit mitbringen, da uns zwei Angestellte nacheinander durch die zwei verschiedenen Bereiche des Museums führen. Dabei erklären sie Ursprung und Gebrauch mit sehr viel Leidenschaft. Man merkt, dass das Museum von den zwei Musikern (Mehrdad Jeihooni und Shahriar Shokrani) gegründet wurde. Vor allem die Saiteninstrumente wie die Tar und die Kamatsche gefallen mir. Am Ende der Tour werden wir noch in einen kleinen Saal geführt und gebeten kurz zu warten. Verschiedene Instrumente stehen und liegen hier herum. Ich probiere mich ein wenig an einer Kamatsche. Ist schon was anderes als eine Gitarre. Klingt für meine Ohren super, aber wahrscheinlich nur für meine. Danach bekommen wir dann ein 10-minütiges Privatkonzert traditioneller iranischer Musik. Auch wir können dieses Museum jedem sehr an Herz legen.
Danach ging es zu unseren Freunden nach Hause, wo der Tisch schon wieder reich gedeckt war. Am leckersten finde ich im Iran bisher den Reis. Der wird oft im Topf angebraten und hat dann eine sehr leckere Kruste. Auch Kuku schmeckt richtig lecker. Ist irgendwie eine Mischung aus Frittata und Omelette. In diesem Fall ist sie voll von iranischen Kräutern, die immer sehr wichtig in der Küche sind. So stehen auch immer frische Kräuter auf dem Tisch, die blätterweise mit der Hand genascht werden. Bevor es mit dem Wagen noch einmal auf Achse geht, laufe ich (nach Nachtisch, Kaffee, Tee und Obst) zurück zum Hotel, um unsere beiden Rucksäcke abzuholen.
Der Plan unser Freunde ist für heute Abend mit uns noch ein traditionelles Teehaus zu besuchen und ein Safran Eis zu essen. Glücklicherweise ist die Eisdiele nur 5 Minuten weg. 5 Minuten, klar! Also fahren wir wieder 20-25 Minuten mit dem Auto suchen einen Parkplatz und stellen dann fest, dass die Eisdiele mit dem besten Safran Eis heute leider geschlossen ist. Ich bin eh immer skeptisch, wenn jemand sagt hier gibt es das beste X. Direkt auf der anderen Straßenseite ist noch eine kleine Grabstätte von einem berühmten iranischen Poeten. Leider war er nicht so berühmt, dass ich mich noch an seinen Namen erinnern kann. Frauen dürfen im Iran öffentlich nicht singen. Das Gesetzt hält unsere Freundin aber nicht davon ab, eine vertonte Version eines seiner Gedichte zum Besten zu geben. Ihr Mann und sein Freund steigen in den Gesang mit ein. Angeles und ich müssen lachen. Sie und ihr Mann haben tolle Stimmen und können auch sehr gut singen. Aber die Situation ist trotzdem lustig.
Es gibt einen Plan B für das Eis und wieder sitzen 15-20 Minuten im Auto. Dann aber gibt es endlich das Eis. Welche Sorten es außer Safran noch gibt, kann ich aufgrund der Karte allerdings nicht sagen, da wir mal wieder nichts verstehen. Die Angestellten heißen uns auch mal wieder wilkommen im Iran und freuen sich über ausländischen Besuch. Das Eis schmeckt eigentlich ganz lecker, aber neben dem Safran hat es einen starken Geschmack nach Rosenwasser. Ein Geschmack an den ich mich irgendwie noch nicht richtig gewöhnen kann. Das Rosenwasser erinnert mich allerdings noch an etwas anderes. Die berühmteste Süßigkeit aus Esfahan wurde mir in Teheran erzählt ist Gaz. Eine persische nougatähnliche Süßigkeit aus Honig, Eischnee, Pistazien, Mandeln, Rosenwasser und dem Saft der Tamariskenpflanze. Ich dachte es wäre vielleicht eine nette Geste als kleines Dankeschön für meine iranischen Kollegen mitzubringen. Unsere Freunde fangen erstmal an zu diskutieren welcher Hersteller das leckerste Gaz herstellt. Wir haben Glück das leckerste Gaz gibt es nur 5 Minuten von hier. 20 Minuten später stehen wir auch schon im Laden und probieren alle möglichen Sorten. Letztendlich entscheiden wir uns dann für 2 traditionelle Sorten, die laut unseres Freundes am beliebtesten sind.
Danach geht es dann ins Teehaus, dass auch nur 5 Minuten von hier entfernt ist. Ein schön eingerichtetes Gebäude im armenischen Viertel. Neben Tee für alle gibt es noch Kekse, die eigentlich aber keiner von uns mehr essen kann. Hunger ist ein Gefühl, dass ich im Iran bisher nicht kennenlernen durfte. Beim Tee trinke lerne ich noch eine weitere iranische Eigenheit kennen. Beshkan – das persische Schnipsen. Meine ersten eigenen Versuche sind so kümmerlich, dass ein junger Kerl vom Nachbartisch mich zu sich bittet, um mir eine kleine Nachhilfestunde zu geben. Klappt aber nicht wirklich besser. Mein Vorschlag es heute die ganze Nacht im Bus zu versuchen wird mit Gelächter honoriert.
Bevor es zu spät wird, fahren wir dann wieder nach „Hause“ zurück. Wir wollen noch ein paar Dinge erledigen bevor es zum Busbahnhof geht. 20 Minuten vor der Abfahrt stehen wir dann auch pünktlich an der Stelle wo der Bus abfahren soll. Nur durch gezieltes Fragen oder Erfahrung weiß man wo welcher Bus abfährt. Neben uns steht noch ein anderer westlicher aussehender Mann, der aber plötzlich hektisch hinter einem Iraner zu einem anderen Bus läuft. Uns geht es alleine ja nicht anders. In den Bussen gibt es meist drei Fahrer, die sich abwechseln. Ein oder zwei von ihnen schreien vor der Abfahrt auch noch einige Male das Endziel des Busses. Als der Bus um 0:30 Uhr immer noch nicht da ist, herrscht in unser kleinen Reisegruppe ein wenig Nervosität. Der Bus hat angeblich Verspätung wegen starken Regens. Aha. Klingt erstmal nach einer schlechten Ausrede, um die am Ende 60 Minuten Verspätung irgendwie zu rechtfertigen. Wir verabschieden uns herzlich von unseren neuen Freunden und machen es uns im Bus bequem. Danke für alles Esfahan. Wir werden dich vermissen.