Als wir am Morgen aufwachen sind wir noch im allein im Schlafsaal. Es ist also niemand mehr dazu gekommen. Es ist kurz vor sieben und wir schnappen die Kameras, um eine kleine Runde um die Karavanserei zu drehen. Noch sehen wir niemanden. Die Leute scheinen noch zu schlafen. So viel interessantes gibt es nicht zu entdecken. Von der Terrasse des Dachs hat man einen guten Rundumblick auf die angrenzende Wüste. In der Nähe finden wir noch ein kleines Gatter in dem 3 „gesattelte“ Kamele den Tag langsam angehen lassen. Wirklich gepflegt sieht das nicht aus.
Um kurz nach acht sitzen wir mit gepackten Rucksäcken draußen und warten auf unseren Fahrer, der auch Frühstück mitbringen wollte. Zwischen acht und halb neun wollte er da sein. Ich bin nicht zu Unrecht skeptisch. Erst um 9:00 Uhr taucht er schlaftrunken auf und verschwindet erst einmal 10 Minuten auf den Toiletten. Danach deutet er uns an ihm zu folgen. Es geht zurück in den großen Saal wo wir gestern Abend schon gegessen haben. Wir setzen uns zu einer anderen Familie und tauschen ein paar Höflichkeiten aus. Unser Fahrer ist wieder verschwunden. Unsere Nachbarn bieten uns was von ihrem Frühstück an, da wir aber selber was bekommen sollen, lehnen wir ab. Dieses Gefühl des ständigen Wartens der letzten 24 Stunden gefällt mir überhaupt nicht. Nach etwa einer halben Stunde taucht unser Fahrer mit einem großen Tablett wieder auf. Es gibt wie immer Tee, Fladenbrot, Eier, Frischkäse und Butter. Er nimmt sich etwas von einem der Teller und ist danach wieder weg.
Es dauert noch ein wenig bis wir nach dem Frühstück endlich im Auto zurück nach Kashan sitzen. Unser Plan ist mit einem Taxi über Abyaneh und Natanz nach Esfahan zu fahren. Eine iranische Arbeitskollegin hatte dort für uns über Freunde ein Hotel reserviert. Sie sagte, dass es an langen Wochenenden schwierig mit Hotels sein könnte und ihre Hilfe angeboten. Obwohl wir keine Lust haben das Taxi Unternehmen noch mehr Geld mit uns verdienen zu lassen, entscheiden wir doch mit ihnen zu fahren, um in Kashan mit dem Gepäck nicht auf die Suche nach einem anderen Fahrer zu gehen.
In Kashan angekommen buchen wir die Fahrt und wechseln gleich zwei Mal das Fahrzeug bevor es losgeht. Diesmal waren wir schlauer und haben etwas Wasser und ein paar Kekse gekauft. Erster Stopp ist der Fin Garten, der sich noch in Kashan befindet. Seit 2011 steht dieser auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes und soll einer der schönsten persischen Gärten im Iran sein. Aufgrund des langen Wochenendes ist es sehr voll von Einheimischen Touristen.
So drehen wir eine Runde durch die Anlage, die aufgrund der vielen Menschen heute nicht sehr idyllisch und eher etwas hektisch. Wasser ist in Form von kleinen Kanälen und Fontänen sehr präsent. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es bei großer Hitze im Sommer sehr angenehm ist hier auszuruhen. Langsam bekommen wir eine gewisse Routine darin in Fotos mit fremden Menschen zu posieren. Denn auch hier werden wir immer wieder begrüßt und angesprochen. Im Garten gibt es auch noch ein Museum, dass wir nicht besuchen und ein altes Badehaus. Es ist bei weitem nicht so schön, wie das Badehaus in Kashan, aber ein paar Modelle demonstrieren die historische Nutzung.
Nach einer guten Stunde stehen wir am Kofferraum des Taxis, trinken Tee aus einem Plastikbecher und essen Kekse bevor es weitergeht. Von der Autobahn haben wir noch einen guten Blick auf Kashan, dass von hier um einiges größer aussieht, als es uns vorkam. Aus irgendeinem Grund fährt unser Fahrer nur auf der linken Fahrspur, obwohl wir das einzige Fahrzeug sind.
Nach einem kurzen Tankstopp bei dem alle aussteigen und sich vom Fahrzeug entfernen müssen, verlassen wir die Autobahn. Am Straßenrand stehen Warnschilder, dass Fotografieren verboten ist. Wir nähern uns der unterirdischen Urananreicherungsanlage von Natanz. Von der Straße aus sehen wir nur Mauern und einige bemannte Flugabwehr Geschütze. Für einen kurzen Moment ist die internationale Diskussions um das iranische Atomprogramm sehr präsent. Doch bald schon verschwinden die Militärstellungen und die „Fotografieren verboten“ Schilder.
Als wir anfangen in die Berge zu fahren hält unser Fahrer für ein kurzes Foto von der Lehmfestung Hanjan. Unser Fahrer konnte uns aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse jedoch nichts zur Festung erzählen. Also blieb es bei einem schnellen Foto von der Straße bevor es weiterging. Im Internet hatte ich gelesen, dass man auch in die Festung gehen kann, aber ich wusste nicht wie straff unser Zeitplan wirklich ist und habe nicht versucht den Fahrer zu überreden mit uns in den Ort zu fahren. Also fuhren wir weiter durch die Berge Richtung Abyaneh.
Am Ortseingang stoppte das Taxi kurz an einer Schranke und Angeles und ich mussten Eintritt bezahlen. Mit dem Auto fuhren wir noch ein wenig weiter bis wir dann ausstiegen und mit Gesten eine Uhrzeit abmachten. 1 1/2 Stunden Aufenthalt gab uns der Fahrer. Gleich an der Ecke sah ich einen fotogenen älteren Herrn mit einem Esel in unsere Richtung kommen. Ich zeigte auf die Kamera und er nickte. Ich machte ein Foto und sofort ging seine Hand auf. Geld für Fotos. Ok, so läuft es hier. Abyaneh ist eines der ältesten Dörfer im Iran und es leben noch ca. 300 Menschen in den typischen roten Häusern. Da das Dorf durch seine Lage vor allem im Winter komplett von der Außenwelt abgeschnitten waren, hat die Sprache noch viele Elemente des alten Mittelpersisch bewahrt. Sehr typisch für Abyaneh ist auch die Kleidung der Frauen, die einen langen weißen Schal mit einem Blumenmuster tragen. Dieser Kleidungsstil soll noch aus der Antike kommen.
Am Ortseingang kann man sich lokale Trachten mieten, um sich mit diesen im Ort fotografieren zu lassen. Noch so eine Sache, die den Iranern großen Spaß zu machen scheint. Es ist nicht das erste Mal, dass wir so etwas sehen. So ziehen also viele Iraner in der Tracht durch den Ort. Wir lassen uns einfach durch die Straßen treiben und ziehen etwas planlos umher. An der Hauptstraße verkaufen die Einheimischen getrocknetes Obst und einige Souvenirs so wie ihre bunten Kopftücher. Uns ist es ein wenig zu touristisch hier, aber das mag auch vielleicht wieder am langen Wochenende liegen. Wir entdecken noch eine kleine Moschee und öffentliche Toiletten. Welche Seite jetzt für Männer und welche für Frauen war bleibt uns ein Rätsel. Der Umgang mit den Hockklos ist auf jeden Fall gewöhnungsbedürftig und gerade mit meinen Knieproblemen immer eine kleine Herausforderung. Hygienischer sind sie im öffentlichen Raum aber ganz sicher
Im Nachhinein finde ich schade, dass wir verpasst haben einen Überblick über die Stadt bekommen zu haben. Es gibt viele Fotos im Internet in denen man das ganze Dorf am Berg sehr gut sehen kann. Das haben wir leider nicht getan. Aber so kommen wir fast genau nach 1 1/2 Stunden wieder am Parkplatz an, wo unser Fahrer gerade das Taxi zu Ende gewaschen hat.
Bevor es nach Esfahan geht halten wir noch am Stadtrand von Natanz um die Sheikh Abdolsamad Moschee aus dem 13. Jahrhundert zu besichtigen. Schon von weitem fällt die pyarmidenartige Spitze auf. Ohne das Minarett könnte es fast eine Kirche sein. Die Mosaike des Eingangsportal sind beeindruckend und wir verlieren uns in den Details. Bevor ins Innere dürfen müssen wir auch hier eine Eintrittsgebühr bezahlen, die es aber auf jeden Fall wert ist. Auch hier bekommen wir leider genaueren Informationen oder geschichtlichen Hintergrund und genießen einfach unseren Rundgang.
Direkt neben der Moschee liegt noch ein zoroastrischer Feuertempel, der sich aber vollständig in Reservierung befindet. Von unserem Iran Urlaub hatte ich bewusst noch nichts über den Zoroastrismus gehört. Es ist die älteste monotheistische Religion der Welt. Obwohl es im Iran nur noch wenige Zoroastrier gibt, stößt man auf einer Reise doch immer wieder auf diese Religion. In den Feuertempeln brannte ständig ein Feuer als Symbol der Gottheit und vollkommenen Reinheit.
Als wir dann am späten Nachmittag nach Esfahan kommen, helfe ich unserem Taxifahrer mit Google Maps noch unser Hotel zu finden. Die Freundin meiner Kollegin hatte mich gebeten, mich kurz telefonisch zu melden, wenn wir eingecheckt hatten, was ich jetzt mit einem Anruf tat. Sie sagt mir, dass sie bereits viel für die nächsten Tage organisiert hat und wir uns noch heute abend treffen sollten. Ich vertröstete sie erstmal. Darauf waren wir nicht vorbereitet.
Nach dem vielen Autofahren wollen wir erst einmal die Beine vertreten. Obwohl es draußen bereits dunkel ist, zieht es uns zum Naqsch-e Dschahan Platz, der nicht nur der zweitgrößte Platz der Welt ist, sondern natürlich auch auf der Liste des UNESCO Weltkulturerbes steht. Die nächsten Tage werden wir sehr viel Zeit auf diesem Platz verbringen. Wir drehen eine Runde auf dem Platz. Am Rande des Platz kommt man in einen Basar, der von (Kunst)Handwerkern dominiert wird. Man kann allen bei der Arbeit zusehen. Ich habe gelernt, dass man nie von einem Handwerker kaufen, der vor seinem Laden sitzt, statt an seiner Ware zu arbeiten. Hier arbeiten alle. Viele Menschen flanieren auf dem Platz oder schlendern durch den Basar. Ein buntes Treiben.
Bevor wir zurück zum Hotel gehen essen wir noch im Bastani Traditional Restaurant direkt am Platz. Nachdem wir heute nicht wirklich etwas während des Tages gegessen haben sind wir beide hungrig. Das Restaurant ist sehr schön eingerichtet und diesmal sind wir auch nicht die einzigen Touristen. Das Essen schmeckt auch sehr lecker. Wie so oft esse ich eines der beiden traditionellen vegetarischen Auberginen Gerichte Kashk-e-Bademjan und angebratenen Reis.
Vom Hotel rufe ich nochmal unsere neue Freundin an. Sie wollen uns in 10 Minuten zu einer Garten Party abholen. Was? Wir sind müde, haben keine angemessene Kleidung dabei und heute eigentlich auch gar keine Lust. So lehne ich mehrfach dankend ab und wir verabreden uns für den nächsten Tag nach dem Frühstück.