Nasir Al-Mulk Moschee

Ausschlafen. Naja, nicht so wirklich. Die sogenannte pinke Moschee (Nasir Al-Mulk) sollte man morgens am besten vor 11 Uhr besuchen, da man nur am Vormittag die schönen Lichtspiele der bunten Mosaikfenster bestaunen kann. Die Moschee öffnet erst um 9.00 Uhr, also ist der Plan gleich um neun Uhr da zu sein. Auch wenn wir bisher noch keinen wirklichen Massentourismus erlebt haben, kann es ja nicht schaden möglichst zeitig dort zu sein. Das Wetter hat auch wieder umgeschlagen und die grauen Wolken sind komplett verschwunden. Morgens ist es zwar sehr frisch, aber immerhin können wir frei im Innenhof frühstücken ohne uns wieder unter das Vordach zu quetschen. Beim Frühstück halten wir einen kurzen freundlichen Small Talk mit unseren spanischen Tischnachbarn. Letztendlich merkt man doch, dass die meisten Touristen mit denen wir reden mehr oder weniger dieselbe Route wählen. Das Frühstück hat eigentlich überall ähnliche Bestandteile. Es gibt verschiedene Sorten Fladenbrot, Gurken, etwas Frischkäse, Marmelade, Rühreier mit Tomaten und dazu natürlich den obligatorischen schwarzen Tee.

Um etwa 8.45 Uhr machen wir uns auf den Weg. Als wir eine halbe Stunde an der Moschee ankommen, bin ich fast ein wenig schockiert. Nachdem wir unseren Eintritt bezahlt haben, erwartet uns nicht nur eine wunderschöne Moschee, sondern auch gleichzeitig ein Bild des Grauens. Der Gebetsraum ist voller Selfie-Zombies und Menschen, die sich in gestellten Posen fotografieren lassen. Man sieht einige Leute, die extra komplett in weiß gekleidet gekommen sind, damit die Farben der Fenster auf der Kleidung besonders sichtbar sind. Westliche und asiatische Frauen, die sich in ebenfalls weißen Tschadors ablichten lassen, obwohl diese hier nicht Pflicht sind. Als jemand der selber immer und überall fotografiert werfe ich vielleicht mit Steinen im Glashaus, aber manchmal ist es nicht schön anzusehen was Instagram mit unser Gesellschaft angestellt hat. Ich bilde mir selbst ein, dass ich meine Motive auf mich wirken lasse und mit „Respekt“ fotografiere, aber hier habe ich das Gefühl, dass fast alle nur nach für sie möglichst vorteilhaften Bildern für ihre asozialen Medien Profile lechzen. Die eigentliche Schönheit bleibt ihnen verborgen.

Bei aller Kritik ist das Spiel von Licht und Farben spektakulär und auch ich versuche meine Bilder zu machen, während Angeles etwas konsequenter ist und später den Raum deutlich vor mir verlässt. Was mir aber am meisten in Erinnerung bleiben wird, ist eine grandiose Idee der örtlichen Sprachschule. Da die pinke Moschee ein Touristenmagnet ist, sind folglich immer viele Touristen hier, die meistens recht passabel Englisch sprechen. Warum also nicht die Touristen nutzen, um ein wenig Englisch zu üben? So sind also einige Lehrer-Schüler Gruppen unterwegs, die die Touristen ansprechen und um 5 Minuten bitten. So sitzen auch wir eine halbe Stunde auf dem Boden und beantworten geduldig die Fragen der Sprachschüler, die ihnen von ihrer Lehrerin in den Mund gelegt werden. Eine lustige Erfahrung und eine tolle Idee. Später werde ich noch von weiteren Lehrern angesprochen, aber die halbe Stunde mit der einen Gruppe hat uns gereicht und ich lehne freundlich ab.

Auch der Innenhof hat auf jeden Fall mehr Beachtung verdient als den, den ihr die meisten Menschen schenken. Der Besuch der Moschee ist auf jeden Fall ein Pflichtbesuch auch wenn es nicht so ein „romantischer“ Ort ist, wie manche Bilder im Internet oder Reiseführern suggerieren. Nach dem Besuch laufen wir zurück zum Hotel wo wir schon mal unser Zimmer räumen und ich mit Unterstützung der Rezepzionistin ein Snapp rufe. Snapp ist die iranische Alternative zu Uber. Angeblich wurde es von der Revolutionsgarde entwickelt, um die Bewegungen der Bevölkerung noch besser zu kontrollieren. Die entsprechende App habe ich über Umwege auf meinem Handy installiert. Man wählt auf einer Karte Start- und Zielort aus und der Fahrpreis wird direkt angezeigt. Die Preise sind nochmal ein Drittel der schon billigen Taxipreise. Nach Buchung wird der Fahrer samt Kennzeichen angezeigt und man kann seinen Fahrtweg auf einer Karte verfolgen. Zur Bestätigung ruft der Fahrer ebenfalls noch kurz an. Da die meisten Fahrer kein Englisch sprechen, unterstützt uns an dieser Stelle die Rezeptionistin.

Hafis Grab

Wenige Augenblicke später sitzen wir auch schon im Wagen. Ziel ist das Grab von Hafis, dem bedeutendsten iranischen Poeten aus dem 14-Jahrhundert. Unser Fahrer spricht kein Englisch und ich kann sehen, wie er auf seinem Handy mit Google Translate eine Frage vorbereitet, Mich freut immer wieder wie die Menschen sich hier bemühen mit uns zu kommunizieren. Wenn man wirklich will, dann versteht man sich auch irgendwie. Und was fragt unser Fahrer uns als erstes? Natürlich wo wir herkommen, gefolgt von der Frage ob wir verheiratet sind. Am Ziel angekommen möchte er von uns natürlich erst einmal kein Geld annehmen, so wie es die iranische Etikette vorschreibt (Taarof). Inzwischen wissen wir ja, dass spätestens beim vierten Mal das Geld angenommen wird. Er freut sich riesig über das wirklich sehr kleine Trinkgeld und wünscht uns noch alles Gute.

Bevor wir das Gelände betreten, fotografieren wir noch ein paar Malereien an einer Hauswand und eine interessanten Statue. Vor dem Eingang ist schon einiges los und erinnert mich vom Menschenaufkommen ein wenig an den Fin Garten in Kashan, da man eigentlich fast nur iranische Touristen sieht. Einige Menschen laufen mit einem Karteikasten und einem Wellensittich umher. Jemand hatte mir bereits in Teheran erklärt, dass es sich dabei um eine Art Horoskop handelt. Der Wellensittich zieht zufällig eine Karte aus dem Kasten auf der ein Vers von Hafis steht. Wir werden auch angesprochen. Es gibt auch englische Sprüche, aber wir verzichten darauf, obwohl ich ja ein bisschen neugierig bin. Aus Prinzip finde ich aber nicht gut Tiere für solche Spielchen zu missbrauchen.

Beim Grab handelt es sich um eine kleine Parkanlage mit dem Hafis Grab im Zentrum. Während Angeles und ich für einen Moment getrennt sind, spricht mich jemand auf persisch an und hält mir sein Handy entgegen. Ich nicke, nehme es und mache ein Selfie von uns. Der Mann scheint etwas irritiert, nimmt dann einen Schritt Abstand, zeigt dann auf sein Handy in meiner Hand, auf einen Freund, sich selbst und dann das Grab hinter ihnen. Peinlich, er wollte gar kein Foto mit mir, sondern nur, dass ich ihn und seinen Freund vor dem Grab fotografiere. Ich muss lachen, entschuldige mich und mache das Bild. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich vor dem Iran noch nie von Hafis gehört hatte. Hier scheint ihn aber jeder zitieren zu können. Sie nutzen seine Gedichte heute immer noch als Liedtexte, da diese vor der Zensur sicher sind (wenn ich das richtig verstanden habe).

Im Park sehen wir noch mehr Gräber wobei wir keine Ahnung haben, von wem diese sein könnten. In einem Gebäude entdecken wir weitere schöne Fenster, die gerade von einer iranischen Fotogruppe belagert werden. Es sind auch ein paar Frauen dabei, die sich nach kurzer Zeit auf Angeles als Modell stürzen. Da muss sie jetzt durch. Bevor wir mit einem Taxi zurück ins Zentrum fahren, setzen wir uns noch einen Moment auf  ein paar Stufen, um die Sonne zu genießen und die Menschen zu beobachten. Für mich sind die Iraner Weltmeister im Posieren und Selfies machen. 😉

Unser Taxifahrer spricht ein wenig Englisch und stellt uns erst einmal die Standardfragen. Ich kann sie schon fast nicht mehr hören, geschweige denn beantworten. Als wir ihm auf Nachfrage erzählen, dass wir heute morgen in der pinken Moschee waren, holt er sein Handy raus und zeigt uns ein Bild. Angeblich hat er dies heute morgen gemacht, bevor die Touristen rein dürfen. Für mich ist natürlich sofort klar, dass dieses Foto weder heute noch mit dem Handy entstanden ist. Ich denke er wollte seine Qualitäten als Guide damit beweisen. Als wir im erzählen, dass wir heute Abend mit dem Bus weiter nach Yazd fahren, stoppt er, bietet aber an uns wenigstens bis zum Busbahnhof fahren zu dürfen.

Warten auf den Bus

Bevor wir zurück zum Hotel gehen und dort versuchen die Zeit bis zu unser Abfahrt totzuschlagen laufen wir noch ein paar Stunden ziellos durch die Stadt. Eigentlich wollen wir noch in die Vakil Moschee, aber die ist aufgrund eines Feiertags leider geschlossen. Auch wenn Shiraz ein paar wirklich interessante Dinge zu bieten hat, erobert es unsere Herzen längst nicht so wie es vorher Kashan und Esfahan getan haben. Oder haben wir uns etwa einfach in den paar Tagen schon an so viele Dinge gewöhnt, dass sie uns hier nicht mehr so besonders vorkommen?

Als es bereits dunkel ist fahren wir mit einem Taxi zurück zum Hotel. Unsere Sachen haben wir bereits vorher in der Rezeption abgestellt. Wir sagen kurz hallo und setzen uns dann in das kleine Cafe. Die Zeit vergeht hier wie im Fluge. Wir reden viel mit den beiden Freunden, die das ganze anscheinend betreiben. Am Ende lädt uns der Barrista noch auf einen super leckeren Cappuccino ein. Zur Krönung schreibt er unsere Länder in den Milchschaum. Auch Majid mit dem wir in Persepolis waren, ist inzwischen hier. Er bietet uns an, nein er besteht darauf uns zum Bus zu fahren. Wir machen noch ein paar Abschiedsbilder und machen uns auf den Weg. Unser Hotel in Yazd hatten wir übrigens am Tag vorher auch mit Hilfe der Leute hier gebucht. Praktisch, dass uns auch jemand vom Hotel morgens um 5 am Bus abholt. Bevor wir uns von Majid verabschieden geben wir ihm als Trinkgeld noch das Geld, welches wir für ein Taxi hätten zahlen müssen. Er will natürlich nicht, aber diesmal bestehen wir darauf.

Das Highlight des Tages ist aber als wir in unseren Bus steigen. Auf Fotos wirkt es einfach nicht so extrem wie auf den Bildern. Aber die Fahrerkabine ist vollgestopft mit kitschigen Plüschtieren. Ob ich hier wohl schlafen kann?